Wenn der Arbeitgeber zu weit geht: So wehren Sie sich gegen eine unkorrekte fristlose Kündigung
Ich arbeite seit drei Jahren für den gleichen Arbeitgeber im kaufmännischen Bereich. Vor kurzem habe ich mir die Hand gebrochen. Auf Anweisung des Arztes arbeite ich derzeit nicht. Mein Arbeitgeber bestand darauf, dass ich trotzdem kleinere Arbeiten von zu Hause aus erledige. Weil ich mich dazu nicht in der Lage fühlte und die Arbeiten nicht machte, hat er mir fristlos gekündigt. Kann ich mich dagegen wehren?
Die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verpflichtet ihn, die Persönlichkeit seiner Arbeitnehmenden zu achten, zu schützen und auf ihre Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen. Beharrt der Arbeitgeber darauf, dass Arbeitnehmende von zu Hause aus Arbeiten erledigen, obwohl diese auf ärztliche Anweisung hin nicht arbeiten sollen, gefährdet er deren Genesungsprozess. Diese Weisung verletzt die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und ist unzulässig. Arbeitnehmende müssen solche Weisungen nicht befolgen.
Entschädigung für die Zeit der Kündigungsfrist
Die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Erfolgte die fristlose Kündigung einzig, weil die Arbeitnehmerin eine unzulässige Weisung nicht befolgte, liegt kein wichtiger Grund vor und die fristlose Kündigung ist ungerechtfertigt. Eine Wiederanstellung lässt sich zwar nicht erwirken. Die Arbeitnehmerin hat aber Anspruch auf Ersatz dessen, was sie verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist beendigt worden wäre.
Mit Erhalt der fristlosen Kündigung beginnt in der Regel die ordentliche Kündigungsfrist zu laufen. Ist die Arbeitnehmerin jedoch ohne eigenes Verschulden verunfallt, sieht das Obligationenrecht sogenannte Sperrfristen vor, in denen die Kündigung nicht ausgesprochen werden kann. Die Sperrfrist beträgt im ersten Dienstjahr 30 Tage, ab dem zweiten bis zum fünften Dienstjahr 90 Tage und ab dem sechsten Dienstjahr 180 Tage.
Der Arbeitgeber kann die Kündigung erst aussprechen, wenn die Arbeitnehmerin wieder gesund ist, beziehungsweise spätestens nach Ablauf der Sperrfrist von 90 Tagen, da das Arbeitsverhältnis bereits drei Jahre dauert. Die Arbeitnehmerin hat damit längstens während der 90-tägigen Sperrfrist und der darauffolgenden ordentlichen Kündigungsfrist Anspruch auf Ersatz im Umfang des vertraglich vereinbarten Lohnes. Zudem kann der Arbeitgeber dazu verpflichtet werden, eine Entschädigung von maximal sechs Monatslöhne zu leisten.
So werden die Ansprüche geltend gemacht
Als erstes empfiehlt es sich, mit dem Arbeitgeber das Gespräch zu suchen und ihm mitzuteilen, dass die Arbeitsleistung mit einer gebrochenen Hand derzeit nicht erbracht werden kann. Er soll zudem darüber informiert werden, dass sowohl die fristlose als auch eine allfällige ordentliche Kündigung als unzulässig erachtet wird. Zeigt sich der Arbeitgeber weiterhin uneinsichtig, ist er mit einem eingeschriebenen Brief über die Unzulässigkeit der Kündigung zu informieren. Verschiedene Gerichte stellen hierfür online Musterschreiben zur Verfügung. Können sich die Parteien weiterhin nicht einigen, kann bei der Schlichtungsbehörde Arbeit ein Schlichtungsgesuch eingereicht werden.